Mehrwertsteuerbefreiung in Deutschland – Ein vollständiger Leitfaden

Mehrwertsteuerbefreiung in Deutschland – mehr als nur eine Formalität

Die Mehrwertsteuerbefreiung in Deutschland ist nicht nur eine Formalität, sondern hat einen realen Einfluss auf die Kosten und die Art der Geschäftstätigkeit. Kurz gesagt: Wenn du bestimmte Dienstleistungen erbringst oder bestimmte Waren lieferst, kannst du von der Pflicht zur Erhebung der Mehrwertsteuer befreit sein. Klingt gut? Nicht immer. Die Befreiung ist mit Einschränkungen verbunden – insbesondere in Bezug auf den Vorsteuerabzug bei mit der Geschäftstätigkeit verbundenen Einkäufen. Und das deutsche Finanzamt mag keine „gefühlsbasierten“ Interpretationen.

Das deutsche Mehrwertsteuerrecht – ähnlich wie das EU-Recht, aber detaillierter

Das deutsche Mehrwertsteuerrecht basiert auf der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie, doch das deutsche Finanzamt geht einen Schritt weiter. Die Vorschriften sind präziser, und ihre Auslegung hängt oft vom zuständigen Finanzamt ab. Daher kann etwas, das in der Theorie einfach scheint, in der Praxis … kompliziert werden.

Die Mehrwertsteuerbefreiungen in Deutschland sind in zwei Gruppen unterteilt: solche, die den Vorsteuerabzug zulassen, und solche, die dieses Recht nicht gewähren.
Was bedeutet das für dich? Wenn du steuerfreie Leistungen oder Lieferungen ohne Vorsteuerabzugsrecht erbringst, musst du die Mehrwertsteuer auf deine Einkäufe und Kosten selbst tragen.

Mehrwertsteuerbefreiung – praktische Auswirkungen

Wenn du ausschließlich Leistungen oder Lieferungen erbringst, die von der Mehrwertsteuer befreit sind, musst du dich in Deutschland nicht für die Umsatzsteuer registrieren. Du stellst keine Rechnungen mit Mehrwertsteuer aus, reichst keine Umsatzsteuererklärungen ein – aber, und das ist wichtig – du hast auch kein Recht auf Erstattung der gezahlten Vorsteuer.

Wenn du hingegen gemischte Tätigkeiten ausübst – also teilweise steuerpflichtige, teilweise steuerfreie Leistungen – wirst du zu einem teilweise befreiten Unternehmer. Dann musst du eine spezielle Methode zur Berechnung der Mehrwertsteuer anwenden. Und hier beginnt der Spaß.

Teilweise befreite Unternehmer – wie funktioniert das?

Wenn dein Unternehmen sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch steuerfreie Leistungen erbringt, verlangt das deutsche Finanzamt die Anwendung der sogenannten Teilentsteuerungsmethode. Diese Methode dient der Aufteilung der Vorsteuer in Fällen, in denen nicht alle Einkäufe eindeutig einer steuerpflichtigen Tätigkeit zugeordnet werden können.

  • Vorsteuer auf Kosten, die ausschließlich mit steuerfreien Umsätzen zusammenhängen – nicht abziehbar.

  • Vorsteuer auf Kosten, die der steuerpflichtigen Tätigkeit dienen – voll abziehbar.

  • Gemeinkosten, wie Miete oder Buchhaltung – hier gilt das Pro-rata-Verfahren, das auf dem Verhältnis der steuerfreien zu den steuerpflichtigen Umsätzen oder einer anderen wirtschaftlich gerechtfertigten Methode basiert.

Für Immobilien gelten besondere Regelungen – das deutsche Recht sieht hier eine strengere Aufteilung der Vorsteuer vor.

Vorsteuererstattungen – wann und für wen?

Deutschland erstattet Mehrwertsteuer an ausländische Unternehmen – sowohl aus der EU als auch aus Drittstaaten. Aber nicht jedem und nicht immer.


Unternehmen aus der EU

Wenn dein Unternehmen in einem EU-Mitgliedstaat ansässig ist, keine feste Niederlassung in Deutschland hat und keine steuerpflichtigen Lieferungen dort erbringt, kannst du einen Antrag auf Vorsteuererstattung stellen.
Eine Ausnahme bilden bestimmte Leistungen, die dem Reverse-Charge-Verfahren unterliegen – in diesem Fall schuldet der Leistungsempfänger die Steuer, und die Mehrwertsteuer spielt keine Rolle.

Der Antrag wird elektronisch über das Portal deines Heimatlandes eingereicht.
Frist: bis zum 30. September des folgenden Jahres.
Der Antrag muss einen Zeitraum von mindestens drei Monaten umfassen (außer am Jahresende) und eingescannte Rechnungen enthalten – wenn die Beträge über 250 € (bei Kraftstoff) liegen.

Die Erstattung betrifft nur korrekt berechnete Mehrwertsteuerbeträge. Keine Erstattung erfolgt, wenn:

  • die Rechnung fehlerhaft ausgestellt wurde,

  • der Kauf privaten Zwecken diente,

  • die Ausgabe mit einer steuerfreien Tätigkeit zusammenhing.

Unternehmen aus Drittländern

Wenn dein Unternehmen außerhalb der EU ansässig ist, ist die Lage komplizierter. Eine Erstattung erhältst du nur, wenn dein Heimatland mit Deutschland eine sogenannte Gegenseitigkeitsregelung hat (also deutschen Unternehmen ebenfalls Mehrwertsteuer erstattet).
Die Liste dieser Länder wird vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlicht.

Der Antrag auf Erstattung wird direkt beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eingereicht.
Beizufügen sind Originalrechnungen und eine amtliche Bescheinigung des Heimatfinanzamts, die die Registrierung des Unternehmens bestätigt.
Kopien werden nicht akzeptiert.
Es gibt keine feste Bearbeitungsfrist, aber auch keine Verzinsung bei Verzögerungen. Im Falle einer Ablehnung besteht das Recht auf Einspruch.


Wann die Mehrwertsteuerbefreiung zum Problem wird

Die Mehrwertsteuerbefreiung kann vorteilhaft erscheinen – keine Steuererhebung, weniger Formalitäten. Doch das gilt nur auf den ersten Blick.
Das Problem entsteht, wenn deine Einkäufe erheblich sind und du keine Vorsteuer abziehen kannst. Oder wenn du Gemeinkosten hast, die du anteilig aufteilen musst – oft zum Nachteil des Unternehmens.

Hinzu kommt, dass das deutsche Finanzamt selbst kleinste Vorsteuererstattungsanträge sehr genau prüft – besonders bei ausländischen Unternehmen. Das kann leicht zu einer umfangreichen buchhalterischen Operation werden.

Wann eine Mehrwertsteuerbefreiung keine Vorsteuerverluste bedeutet

Im deutschen Mehrwertsteuersystem gibt es Fälle, in denen du trotz Steuerbefreiung das Recht auf Vorsteuerabzug behältst.
Das betrifft z. B.:

  • Ausfuhrlieferungen,

  • innergemeinschaftliche Lieferungen,

  • bestimmte grenzüberschreitende Dienstleistungen,

  • Transaktionen im Zusammenhang mit der Luft- und Seeschifffahrt.

Diese Umsätze sind technisch gesehen steuerfrei, werden aber wie steuerpflichtige behandelt – und das ermöglicht den Vorsteuerabzug.

Das ist eine wichtige Ausnahme – insbesondere für international tätige Unternehmen.


Beispiele für steuerfreie Umsätze – mit oder ohne Vorsteuerabzug

Steuerfreie Umsätze mit Vorsteuerabzug:

  • Ausfuhrlieferungen,

  • innergemeinschaftliche Lieferungen,

  • bestimmte grenzüberschreitende Dienstleistungen,

  • Vermittlung bei Exportlieferungen,

  • Lieferungen an NATO-Streitkräfte oder diplomatische Organisationen.

Steuerfreie Umsätze ohne Vorsteuerabzug:

  • medizinische und Pflegeleistungen,

  • Versicherungs- und Finanzdienstleistungen,

  • Vermietung von Immobilien (mit Ausnahmen),

  • kulturelle und Bildungsaktivitäten,

  • karitative und religiöse Tätigkeiten.

Letztere haben eines gemeinsam – die Mehrwertsteuer auf die damit verbundenen Kosten bleibt bei dir. Es erfolgt keine Erstattung.

Was man sich merken sollte

Die Mehrwertsteuerbefreiung in Deutschland ist nicht nur ein Gesetzesartikel, sondern auch ein konkretes Geschäftsmodell.
Manchmal lohnt sie sich, manchmal nicht. Sie erfordert ein gutes Verständnis der Vorschriften und der Praxis des örtlichen Finanzamts.
Wenn dein Unternehmen gemischte Umsätze erzielt, solltest du dich unbedingt mit einem Steuerberater beraten, der die deutschen Gegebenheiten kennt.

Anmeldung zur Umsatzsteuer, Entscheidung über Teilbefreiung, Kostenzuordnung, Erstattungsantrag – jede dieser Entscheidungen wirkt sich auf dein Unternehmen aus.
Und auf deinen Geldbeutel.

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